Unser Schiff wurde verkauft...
Warum eigentlich, irgendetwas verselbstständigte sich, - es war doch nur eine Laune und eine vermeintliche zeitliche Verpflichtung in unserer Familie, die wir sehr ernst nahmen.
Fragen, wie was ist unser Schiffchen wert, oder wie wären Entdeckungsreisen mit einem Wohnmobil oder Wohnwagen, - wo doch die Saison auf der Ostsee so kurz ist. Es entwickelte sich zum Sport im Internet, unser Schiff anzubieten und und möglichst viel Interessentenklicks zu ergattern.
Ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll. Richtig bewußt wurde es uns erst, als ganz liebe Leute sich für unser Schiff konkret interessierten und dann plötzlich "ja " sagten.
Bei unserem entgültigen Verkaufsgespräch standen mir Tränen in den Augen, auch meine liebe Frau schaute nicht gerade glücklich drein.
Zwischen der Zusage des Käufers und dem Übergabetermin lagen noch viele Wochen in denen wir wie wild nach Alternativen zum Segeln suchten. Wir sprachen von Campingurlauben, Flügen zu schönen Orten, Motorradurlauben, Fahrradtouren usw. Diese Planungen, so wissen wir heute, das waren nicht unsere innigsten Wünsche. Der Inhalt unserer Träüme bestand aus einem Leben auf dem Schiff in anderen Ländern mit allen Problemen, die sich daraus ergaben und vor allen Dingen mit Zeit, viel Zeit.
In stundenlangen Gesprächen entschlossen wir uns, ein bisschen nach Schiffen Ausschau zu halten, die unseren Vorstellungen entsprachen und die vor allen Dingen bezahlbar waren. Wir wollten mit unseren bescheidenen Mitteln in einer teuren Liga mitspielen, - das war nicht so einfach. Wir stellten schnell fest, dass eine Vielzahl von Schiffen angeboten werden, die das Verschrottungsgeld nicht Wert waren. Entweder waren sie so versifft, dass Renate durch Geruch oder Spakigkeit nicht bereit war, weiter in das betreffende Schiff zu gehen oder der technische Zustand war so schlecht oder durch Grundberührungen wirklich lebensgefährlich.
Nach den ersten Besichtigungsterminen, die mit weiten Anreisen verbunden waren, entschlossen wir uns, zunächst die Kosten für diese Besichtigungen einzuschränken.
Wir kauften uns einen billigen Wohnwagen, legten Besichtigungsobjekte räumlich und zeitlich zusammen und fuhren dann mit unserer, wie mein Freund lästernd anmerkte, "Kasperbude" mal in den Bereich Schleswig Holstein, dann nach Südholland und sind derzeitig in Friesland/NL.
Wir schauten uns insgesamt ca. 20 Schiffe in dem Bereich unseres Budget an. Ein jedes war im Internet mit gutem Zustand beschrieben. Die oder der Verkäufer wird es sicher so gesehen habe.
Besichtigt haben wir stinkende, verunfallte Schiffe mit seitlichen Beschädigungen, Bodenberührungen mit Stringerabrissen, Undichtigkeiten mit Wasserwannen fürs tropfende Regenwasser im Schiff und vieles mehr. Weder, die an Bord gekommenen Bootsbesitzer noch die Verkäufer/Makler verloren ein Wort der Entschuldigung für die Diskrepanz zwischen Beschreibung und tatsächlichem Zustand. Es war zum Verzweifeln.
Es gehörte jedesmal viel Optimismus unsererseits dazu, erneut zu Besichtigungen zu fahren.
Igendwann war dieser aufgebraucht. Ohne einen Termin zu haben fuhren wir dann noch zu einem Makler in Stavoren, an dessen schriflichen und bildlichen Aushängen wir uns schon früher die Nase platt gedrückt haben.
Da lag sie nun, eine Friendship 33. Dieses Modell hatten wir vor ca. 30 Jahren einmal gechartert. Erinnerungen wurden wach. Also fix den Schlüssel für das Boot geholt und ausgiebig besichtigt.
Noch hatte das Eis das Schiff fest im Griff
Viele Worte wären nötig, um unsere Gedanken, zu schildern, - wir kauften sie.
Nach intensiver Begutachtung zusammen mit einem kundigen Freund entschieden wir uns Weihnachten 2016 den Kaufvertrag zu unterschreiben.
Jetzt fing die Arbeit wieder an. Nachdem der Makler noch einige beanstandete Mängel beseitigt hatte, wollten auch wir noch Dinge ändern und hinzu installieren, um das Schiff für unsere Bedürfnisse herzurichten. Hierzu gehörte die Halterung für eine Solarplatte, mit der wir schon so gute Erfahrung gemacht hatten. Weiter sollte die Seetoilette mit direktem Ausgang gegen ein Chemie-WC ausgetauscht werden. Eine Rettungsinsel wurde angeschafft und am Heckkorb befestigt. Auch die Arbeitsfläche im Pantrybereich war uns zu klein. Also wurde hier ein klappbarer Tisch hinzugefügt.
Es dauerte auffallend lange, bis das Schiff "unser" wurde. Dieses Gefühl sollte sich noch lange halten.
Ende März überführten wir das Schiff bei gefühlten Minustemperaturen von Stavoren nach Workum in den Yachthafen "it Soal", wo uns der überaus freundliche Hafenmeister sogleich krante und uns an einen Platz verbrachte, wo wir in Ruhe an dem Schiff arbeiten konnten.
Nach einer ersten Grundreinigung des äußeren Schiffes wurde poliert . Was für eine Arbeit. Das Schiff hatte zum Verkauf fast 2 Jahre im Wasser gelegen. Niemand hatte sich darum gekümmert,- das rächte sich jetzt. Der Wasserpass war so hart verunreinigt, dass ich phasenweis über ein komplettes Abschleifen nachdachte.
Aber es ging dann doch mit Erhalt der Originalfarbe.
Mit Freunden, Kind und Kindeskind und dem ganzen Equipment eines Hobbybastlers schafften wir es.
Hier das Ergebnis
Ein Problem sollte unser Tiefgang von 1,75 Meter sein. Wir bestellen schweres Gerät nach Workum und ließen uns die Fahrrinne neu gestalten.
Anfang April war es dann so weit. Die letzten notwendigen Arbeiten auf dem Bock waren beendet, der Krantermin nahte.
Am 15. April "stachen" wir in See. Bei 5 bft raumen Wind, Sonnenschein und sch.. Temperaturen machten wir die ersten Erfahrungen mit dem "neuen" Schiff. Nichts klappte wie gewohnt, die ungewohnte Pinnensteuerung, der dadurch fehlende Halt in der Plicht, die uns fremde Reffeinrichtung und zu guter letzt auch noch der fehlende Verklicker. Dieser hatte sich gelöst und sich im Jjsselmeer seiner Aufgabe durch die Flucht ins Wasser entzogen.
Nun gut, der Verkaufshafen unseres Schiffes in Stavoren war nicht weit.
Im Nautisch Kwartier Stavoren stieg der hilfsbereite Verkäufer in den Kran und montierte uns einen neuen Verklicker. Vielen Dank.
Mit neuem Verklicker ging es dann zusammen mit unseren Freunden in Richtung Lemmer. Wegen des wirklich nicht berauschenden Wetters und den beiden kleinen Mädchen unseres Begleitschiffes zuliebe entschlossen wir uns für den Binnenweg.
Ein toller Liegeplatz, unweit einer tollen Pizzeria